
Inhalt
1. Einleitung
2. Voraussetzungen für bilinguale Erziehung
3. Kriterien der Typologisierung
4. Modelle bilingualer Programme
5. Anhaltspunkte für die pädagogische Praxis
6. Literatur
 
1. Einleitung
1.1 Definition bilingualer Erziehung 
    - pädagogisches Programm, welches durch zwei Unterrichtssprachen 
    gekennzeichnet ist 
    
 - Schlingmann-Zimmermann: "bilinguale Erziehung ist nicht nur Erziehung 
    für Zweisprachige, noch ist es einfach ein Englisch-als-Zweitsprache-Programm", 
    sondern ein Modell, das in gemischt-kulturellen Klassen eine optimale Förderung 
    gewährleisten kann 
 
1.2 Ziele bilingualer Erziehung 
    - Hauptziel: Verbesserung der Sprachkenntnisse in der Muttersprache, sowie 
    der Majoritätensprache 
    
 - Selbstbewusstsein des zweisprachigen Schülers wird gestärkt, 
    weil er die Möglichkeit erlangt, in seinem sozialen Umfeld zu kommunizieren 
    
    
 - Verständigung dient als Basis zur Integration in die Gesellschaft 
    und bietet dem zweisprachigen Schüler die Chance, sein sozialökonomisches 
    Niveau zu verbessern 
    
 - fördert das Verständnis und den Erhalt des kollektiven und 
    unterschiedlichen kulturellen nationalen Erbes 
    
 - da die Voraussetzung zur Verarbeitung von Unterrichtsinhalten das Verständnis 
    der Schulsprache ist, kann mit Hilfe der bilingualen Erziehung eine Verbesserung 
    des intellektuellen Leistungsvermögens erzielt werden 
    
 - zentrale Aufgabe: die Sicherung der Weiterentwicklung komplexer muttersprachlicher 
    Fähigkeiten bis hin zur Text- und Begriffsbildungsfähigkeit mit 
    dem Ziel, die Muttersprache zu erhalten 
 
1.3 Strukturen der Zweisprachigkeit 
    - Gleichgeordneter (coordinate) Typus 
    
        - beide Sprachen funktionieren unabhängig voneinander, so daß 
        sich das Kind in beiden Sprachen ausdrücken und sie verstehen kann 
        
        
 - es kann nicht unbedingt davon ausgegangen werden, daß das 
        Kind in der Lage ist, von der einen Sprache in die andere zu übersetzen 
        
        
 - beide Sprachen wurden völlig unabhängig voneinander in 
        verschiedenen Lebenszusammenhängen erlernt 
    
 
     - Zusammengesetzter (compound) Typus 
    
        - Zweitsprache kann nur durch Übersetzung in die Muttersprache 
        verstanden und angewandt werden 
        
 - bedingt einen ständigen Rückgriff auf die Muttersprache, 
        die eine Koordinationsfunktion erfüllt 
        
 - vorwiegend bei Menschen die die Zweitsprache erst in der Schule 
        erworben haben 
    
 
     - bei den meisten Personen sind Mischformen anzutreffen 
 
 
2. 
Voraussetzungen für bilinguale
Erziehung
2.1 Schülergruppe 
    - vorher überprüfen, welche Sprachqualifikationen bereits vorhanden 
    sind 
    
 - Schlingmann-Zimmermann: verschiedene Testverfahren einsetzen, um das 
    Sprachvermögen, den Intelligenzquotienten und den sozioökonomischen 
    Hintergrund zu untersuchen 
    
        - Überprüfung des Sprachvermögens: 
        
            - Testen des Wortschatzes und der grammatischen Strukturen 
            
 - kaum standardisierte Tests zur Erfassung dieser Daten vorhanden 
            
        
 
         - Erhebungen des sozioökonomischen Hintergrundes: 
        
            - Kenntnisse in der Mutter- und in der Zweitsprache 
            
 - Informationen über die Wohnbedingungen, die Sprache im 
            Elternhaus, die Schulausbildung und die berufliche Situation des 
            Familienoberhauptes 
        
 
         - Intelligenz: 
        
            - durch das eingeschränkte Sprachvermögen der Testpersonen, 
            sind nur wenige IQ-Testverfahren mit zweisprachigen Kindern durchführbar 
            
        
 
         - Auf der Grundlage dieser Erhebungen ist es möglich, die Kinder 
        in verschiedene Lerngruppen zu differenzieren und speziellen bilingualen 
        Förderprogrammen zuzuordnen 
    
 
 
2.2 Lehrerausbildung in den USA im Hinblick auf bilingual-bikulturelle 
Erziehung 
    - sprachliche Fähigkeit 
    
 - Linguistik 
    
 - Kultur 
    
 - Unterrichtsmethoden 
    
 - Gebrauch und Anpassung des Curriculums 
    
 - Einschätzung 
    
 - Schule-Gemeinschaft-Beziehungen anstreben 
    
 - Beaufsichtigtes Lehren 
 
 
3. Kriterien 
der Typologisierung
3.1 "Schulorientierte" Kriterien 
    - programminterne Rahmenbedingungen, die für die Muttersprachenerhaltung 
    und die Programmqualität ausschlaggebend sind 
    
        - Die Unterrichtssprache 
        
            - in der Muttersprache, 
            
 - in der Zweitsprache oder 
            
 - in beiden Sprachen 
        
 
         - Die Abfolge der Unterrichtssprachen 
        
            - mit der Muttersprache, 
            
 - der Fremdsprache oder 
            
 - mit beiden Sprachen gleichzeitig beginnen 
        
 
         - Der zeitliche Anteil der Unterrichtssprachen 
        
 - Kultur des Herkunftslandes 
        
            - kann entweder in den Unterricht integriert oder 
            
 - völlig ignoriert werden 
        
 
         - Funktionale Zuordnung der Sprachen zu bestimmten Unterrichtsfächern 
        
        
            - Unterrichtssprachen können durchgehend im Unterricht eingesetzt 
            oder 
            
 - auf einzelne Fächer beschränkt werden 
        
 
         - Die Nationalität der Lehrer 
        
            - Personenkreis der Minorität oder 
            
 - Personenkreis der Majoritat 
        
 
         - Die Kompetenz des Lehrers 
        
            - unterrichtet in seiner Muttersprache unterrichtet oder 
            
 - in einer nachträglich erlernten Zweitsprache 
            
 - oder Hilfslehrer 
        
 
         - Die Güte des Programms 
        
            - alle an das Kind gerichteten Erwartungen für dieses nachvollziehbar 
            und angemessen 
            
 - Beurteilung des Lehrers angemessen und adäquat 
            
 - eine positive Grundeinstellung des Lehrers 
            
 - Grad der Einbeziehung der Eltern 
        
 
         - Die Sprache der Umgebung 
    
 
 
3.2 "Kontextorientierte" Kriterien 
    - gesellschaftliche oder programmexterne Variablen 
    
        - Minoritäts- versus Majoritätsstatus der Zielpopulation 
        
        
 - deren sozialer Status 
        
 - Assimilation/ Pluralismus oder Bereicherung als Programmziel 
        
 - Freiwilligkeit von Programmen 
    
 
 
 
4. Modelle 
bilingualer Programme
4.1 Bereicherungsmodell 
    - Zielgruppe: Mitglieder der Mittel- und Oberschicht der dominanten Majorität 
    
    
 - Funktion: 
    
        - Sprachbereicherung, Zweitsprache ist nicht dringend erforderlich 
        
        
 - Aufrechterhaltung des sozioökonomischen Status und der vorhandenen 
        Machtposition 
        
 - "elitärer Bilingualismus" 
    
 
     - Ziel: 
    
        - additiver Bilingualismus; Entwicklung der Zweitsprache hat keine 
        Verdrängung der Muttersprache zur Folge 
    
 
     - Mittel: Immersionsprogramme 
    
        - frühe und totale Immersion: 
        
            - alle Schüler werden vom ersten Schultag an in der Zielsprache, 
            die nicht die Muttersprache ist, unterrichtet, auch wenn sie keinerlei 
            Vorkenntnisse in dieser Sprache haben 
            
 - muttersprachlicher Unterricht nimmt nur geringen Raum ein 
            
 - Unterstützung durch gezielten Fremdsprachenunterricht 
            
 - Vermittlung der kulturellen Werte spielt nur untergeordnete 
            Rolle 
            
 - positive Auswirkungen auf die Atmosphäre, da keine Bedrohung 
            der Muttersprache und da alle Kinder die gleichen Grundvoraussetzungen 
            mitbringen 
        
 
         - späte und partielle Immersion: 
        
            - kann auch nachträglich (bis zum 8. Schuljahr) eingeführt 
            werden 
            
 - ein Jahr Fremdsprachenunterricht, im nächsten Jahr wird 
            Fremdsprache als Unterrichtssprache durchgehend eingesetzt, im weiteren 
            schulischen Verlauf wird mindestens ein Unterrichtsfach in der erlernten 
            Fremdsprache unterrichtet 
        
 
         - Kritik: 
        
            - lediglich weiterentwickelte Form des Fremdsprachenunterrichts 
            
            
 - kulturelle Komponenten finden keine Beachtung 
        
 
     
     - Beispiel: 
    
        - Deutsche Auslandsschule: 
        
            - bilinguale Erziehung im Heimatland 
            
 - Schüler mit deutscher Muttersprache und Schüler mit 
            fremder Muttersprache werden gemeinsam durch die gesamte Schulzeit 
            auf Deutsch unterrichtet 
            
 - Schüler mit fremder Muttersprache haben eigene Muttersprache 
            als Unterrichtsfach 
        
 
     
 
4.2 Assimilationsmodell
4.2.1 Übergangsprogramme 
    - Durchführung: 
    
        - Muttersprache wird nur so lange eingesetzt, bis grundlegende Fähigkeiten 
        in der Zweitsprache gesichert sind (Grundannahme: kognitive Entwicklung 
        ist nach Erwerb der Lesefähigkeit in der Zweitsprache mit der eines 
        Majoritätenkindes gleichzusetzen) 
        
 - Einsatz der Muttersprache beschränkt sich auf kurze Zeitintervalle 
        und ausgewählte Unterrichtsfächer zu Beginn der Schulzeit 
        
        
 - keine Förderung oder Erhaltung der muttersprachlichen Ressourcen 
        
    
 
     - Theorie: 
    
        - Hauptgrund für unzureichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen 
        Erfolg der Mitglieder einer Minorität: Chancenungleichheit, die 
        aus unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen der Kinder zum Schuleintritt 
        resultiert 
        
 - ethnozentrischer Aspekt: Kultur und Sprache der Minorität wird 
        nicht anerkannt (Chancengleichheit wird lediglich über erweiterte 
        Zweitsprachenkenntnisse definiert) 
    
 
     - Zielgruppe: 
    
        - Kinder, die einer Minorität angehören (sind alltäglichen 
        strukturellen und kulturellen Diskriminierungen ausgesetzt und können 
        kein ausreichendes Selbstbewußtsein entwickeln, was zu Motivationsverlust 
        führt) 
    
 
     - Ziel: 
    
        - Minoritätenkindern aus der Unterschicht zu einem Schulabschluß 
        verhelfen und somit den Eintritt ins Berufsleben zu sichern 
        
 - Eingliederung der Minoritäten in die Gesellschaft 
        
            - über die Erweiterung der Zweitsprachenkenntnisse soll auf 
            sprachliche Assimilation hingearbeitet werden 
            
 - mit der Vermittlung gesellschaftlicher Strukturen wird auf Wertassimilation 
            abgezielt 
        
 
     
     - Beispiel: 
    
        - deutsche Regelklasse mit muttersprachlichem Ergänzungsunterricht 
        für ausländische Schüler 
        
            - Muttersprache als Unterrichtsgegenstand 
        
 
         - US-amerikanisches bilinguales Programm 
        
            - Immigrantenkinder und Kinder mit Englisch als Muttersprache 
            bilden Klasse 
            
 - Schultag ist gedrittelt: 
            
                - 1. nur Unterricht in Englisch für amerikanische Kinder 
                
                
 - 2. gemeinsamer Unterricht in beiden Sprachen 
                
 - 3. Kinder mit fremder Muttersprache werden in Muttersprache 
                unterrichtet 
            
 
             - Majoritätenkinder erhalten gewisse Kompetenz in nichtenglischer 
            Muttersprache der Mitschüler 
        
 
        
            - Anteil der nichtenglischen Muttersprache nimmt in Laufe der 
            Schulzeit ab, ein teil bleibt jedoch immer bestehen 
        
 
         - bilinguales-bikulturelles Programm des Krefelder Modells 
        
            - ausländische Kinder besuchen deutsche Klasse, bilden aber 
            für muttersprachlichen Unterricht eigene Jahrgangsstufenklassen 
            
            
 - muttersprachlicher Unterricht auch in Fächern wir Sozialkunde, 
            Geschichte, Religion usw. 
            
 - zusätzlicher Unterricht Deutsch als Fremdsprache 
        
 
     
 
4.2.2 Submersionsprogramme 
    - Durchführung: 
    
        - Majoritäts- und Minoritätenkinder werden zusammen in der 
        dominanten Sprache unterrichtet 
        
 - unfreiwilliges Sprachbad 
        
 - Ergänzung durch Intensivprogramme 
    
 
     - Formen: 
    
        - völlige Submersion nach dem Sink-or-swim-Prinzip 
        
 - völlige Submersion mit speziellem Fremdsprachenunterricht in 
        der Zweitsprache 
        
 - Submersion mit speziellem Fremdsprachenunterricht in der Zweitsprache 
        und minimaler mündlicher Muttersprachenkomponente 
        
 - Submersion mit oder ohne speziellen Fremdsprachenunterricht und 
        mit der Muttersprache als Schulfach 
    
 
     - Kennzeichen: 
    
        - Fehlen der Brückenfunktion der Muttersprache 
    
 
     - Ziele: wie bei Übergangsprogrammen 
    
 - Beispiele: 
    
        - normale deutsche Regelklasse mit ausländischen Schülern 
        ohne muttersprachlichen Unterricht 
        
            - Differenzierung nötig: Regelklasse mit deutschen Schülern 
            oder multinationale Regelklasse ohne deutsche Schüler 
        
 
     
 
4.2.3 Kritik am Assimilationsmodell 
    - bewusste Vernachlässigung der Muttersprache und des individuellen 
    Förderbedarfs der Kinder 
    
 - nicht die speziellen Bedürfnisse der Minorität steht im Mittelpunkt, 
    sondern ihre schnellstmögliche Anpassung an die Gesellschaftsstrukturen 
    der Majorität 
 
4.3 Emanzipationsmodell 
    - Programm: 
    
        - Spracherhaltungsprogramme 
    
 
     - Hauptfunktion: 
    
        - Förderung der Sprache und Kultur einer Minorität 
    
 
     - Ziel: 
    
        - Akzeptanz und Stärkung der ethnischen Identität von Minderheiten 
        
        
 - Emanzipation der Minorität 
        
 - Aufnahme der Sprache der Minderheit in die Gesellschaft 
        
 - Entwicklung eines „neuen Pluralismus", innerhalb dessen die 
        Gesellschaft aus verschiedenartigen Gemeinschaften besteht 
    
 
     - Theorie: 
    
        - Konfliktmodell, das von Interessenkonflikt der ethnischen Minderheit 
        zwischen der persönlichen kulturellen Prägung und den gesellschaftlichen 
        Bedingungen der Majorität ausgeht 
        
 - nicht das Individuum, sondern die gesamte gesellschaftlich benachteiligte 
        Gruppe wird berücksichtigt 
    
 
     - Vorteile: 
    
        - sozialer Bereich: Aspekt der Chancengleichheit 
        
 - sprachlicher Bereich: Bereicherung der Gesellschaft durch breiteres 
        sprachliches Spektrum 
    
 
     - pädagogische Umsetzung: 
    
        - Einsatz der Muttersprache im Unterricht 
        
            - zu Beginn der Schulzeit fast ausschließlich 
            
 - Anteil wird im Laufe der Schulzeit beständig reduziert 
            
        
 
         - gezielter Zweitsprachenunterricht 
        
 - Alphabetisierung mit Hilfe der Muttersprache, um Verständnisprobleme 
        zu vermeiden 
    
 
     - Vorteile: 
    
        - Muttersprache wird nicht als Ursache für schulische Mißerfolge 
        gesehen, sondern als Bestandteil der persönlichen Entwicklung 
        
 - somit ist es Kindern möglich, der neuen Kultur und Sprache 
        aufgeschlossen gegenüberzutreten 
    
 
     - Hauptmerkmale: 
    
        - Einrichtung von homogenen Klassen mit Kindern der Minorität 
        
        
 - später Einsatz des zweisprachigen Unterrichts 
    
 
     - Kritik: 
    
        - Integration durch Segregation 
        
            - keine Verhinderung der Diskriminierung, sondern Verschiebung 
            auf den außerschulischen Bereich 
        
 
     
     - Beispiel: 
    
        - muttersprachliche Klassen 
    
 
 
4.4 Multikulturelle Programme 
    - Sonderstellung in der bilingualen Erziehung, weil 
    
        - die kulturelle Erziehung im Vordergrund steht und die sprachliche 
        Komponente nur zweitrangig behandelt wird 
    
 
     - alle multikulturellen Programme streben multikulturelle Gesellschaft 
    an 
    
 - sozialer Hintergrund: 
    
        - Forderung der ethnischen Minderheiten nach Chancengleichheit und 
        Abwendung von der allgemeinen Defizitorientierung im schulischen Bereich 
        
    
 
     - Kritik: 
    
        - mangelnde Praxisberichte 
        
 - gehen nicht auf die Problematik der Multikulturalität ein, 
        sondern lediglich auf die Bikulturalität (Reduzierung auf einheitliche 
        Minorität entspricht nicht den Tatsachen) 
    
 
 
4.4.1 Erziehung kulturell Andersartiger oder wohlwollender Multikulturalismus 
    - Ausgangspunkt: 
    
        - Benachteiligung der Minoritätenkinder innerhalb des Unterrichts 
        
        
            - vor allem Ignoranz ihrer Kultur 
            
 - trotz gleicher Zugangschancen zu allen Schulformen keine Gleichbehandlung 
            
        
 
     
     - Durchführung: 
    
        - Möglichkeit zur Ursachenbeseitigung: Kooperation der Schule 
        mit dem Elternhaus unter Beachtung der Gleichberechtigung der Kulturen 
        
        
 - besondere Stellung des Lehrers, Schlüsselqualifikationen 
        
            - Berücksichtigung der kulturspezifischen Strukturen der 
            Kognition, der Perzeption und der Persönlichkeit 
            
 - Berücksichtigung der Lernstile 
            
 - Berücksichtigung der menschlichen Beziehungen 
            
 - Berücksichtigung motivationaler Aspekte 
            
 - Kenntnisse des kulturellen Umfelds 
            
 - Kenntnisse der Lebensgewohnheiten der Schüler 
        
 
     
     - Kritik: 
    
        - Muttersprache kommt innerhalb des Unterrichts nicht zum Einsatz, 
        so daß die Kinder der ethnischen Minderheit dazu gezwungen werden, 
        den sprachlichen Teilaspekt ihrer Kultur aufzugeben und sich statt dessen 
        die Majoritätssprache anzueignen 
        
 - Gefahr, daß die Aspekte Schulversagen und kulturelle Herkunft 
        größtenteils im Zusammenhang gesehen werden 
        
 - Eindruck der Sonderbehandlung durch 
        
            - vermehrten Einbezug von kulturellen Aspekten der Minorität 
            
            
 - Differenzierung der Klasse nach ethnischer Zugehörigkeit, 
            wenn kulturspezifische Unterrichtsinhalte vermittelt werden 
        
 
         - es wird davon ausgegangen, daß kulturelle Inkompatibilität 
        Schulversagen auslöst, was aber nicht empirisch zu belegen ist 
        
        
            - dagegen zeigen Untersuchungen den Zusammenhang zwischen Schulversagen 
            und der Nichtbeherrschung der Muttersprache 
        
 
     
     - Hauptvorteil: 
    
        - kostengünstige Durchführung 
    
 
 
4.4.2 Erziehung zur Vermittlung von kulturellen Unterschieden oder kulturellem 
Verständnis 
    - ideologische Grundlage: 
    
        - kulturelle Vielfalt ist fester Bestandteil vieler Gesellschaften 
        und trägt zu deren Entwicklung bei 
    
 
     - Ziele: 
    
        - Vermittlung der Fähigkeit, sich in einer multikulturellen Gesellschaft 
        zurechtzufinden 
        
 - Minoritätenkinder sollen positive Einstellung zu ihrer Herkunftskultur 
        erlangen 
        
 - auf Seiten der Majoritätenkinder sollen Vorurteile abgebaut 
        werden 
        
 - Vermittlung einer Akzeptanz kultureller Verschiedenheit 
    
 
     - Zielgruppe: 
    
        - alle Schüler, die innerhalb des Unterrichts kulturelle Unterschiede 
        kennen- und verstehen lernen sollen 
    
 
     - Durchführung: 
    
        - Kultur wird als eigenständiges Fach vermittelt und gleichzeitig 
        fächerübergreifend eingesetzt 
    
 
     - Kritik: 
    
        - mögliche Gefahr der Differenzierung der beiden Gruppen durch 
        Überbetonung der kulturellen Unterschiede 
        
 - undefinierter Kulturbegriff, der für Strukturierung des Programms 
        ausschlaggebend ist 
        
 - obwohl Muttersprache Bestandteil der Kultur innerhalb des Unterrichts 
        manifestiert ist, wird ihrer Bedeutung für die allgemeine Entwicklung 
        des Kindes nur unzureichend Rechnung getragen 
    
 
 
4.4.3 Erziehung zu kulturellem Pluralismus 
    - Grundannahme: 
    
        - kultureller Pluralismus ist wesentliches Merkmal der Struktur einer 
        demokratischen Gesellschaft 
        
 - somit müssen ethnischen Minderheiten staatliche Rechte und 
        die Möglichkeit eines autonomen Lebens gewährleistet werden 
        
    
 
     - ideologischer Hintergrund: 
    
        - Vermeidung einer Unterdrückung der Herkunftskultur zugunsten 
        der gesellschaftlichen Normen der Majorität 
    
 
     - Hauptziele: 
    
        - Bewahrung des Kulturguts 
        
 - Ermöglichen der Ausübung 
        
 - Abbau der übergeordneten Rolle der Majorität, um der Minorität 
        die Möglichkeit zum gleichberechtigten Mitspracherecht zu sichern 
        
    
 
     - Durchführung: 
    
        - Erziehung von Minoritätenkindern in gesonderten kulturspezifischen 
        Schulen 
    
 
     - Kritik: 
    
        - mangelnde Förderung der Zweitsprachenkompetenz, da Kinder in 
        monolingualem Umfeld leben und unterrichtet werden 
    
 
 
4.4.4 Bikulturelle Erziehung 
    - ideologischer Hintergrund: 
    
        - wie der des kulturellen Bilingualismus 
    
 
     - Ziele: 
    
        - Kompetenzen in zwei Kulturen 
        
 - Minorität: 
        
            - erfolgreiches Operieren in zwei Kulturen 
            
 - bilinguale Identität 
        
 
         - Majorität: 
        
            - partielle Teilhabe an der Kultur der Minorität 
        
 
         - sozioökonomische Chancengleichheit 
        
 - Verständnis für und Stolz auf die eigene Kultur 
        
 - vermehrter Schulerfolg 
        
 - Verringerung von Vorurteilen und Diskriminierung 
    
 
     - Durchführung: 
    
        - einzelne Unterrichtssequenzen, in denen ein gemeinschaftlicher Unterricht 
        stattfindet, wobei die Schülergruppe nur bikulturell und nicht 
        multikulturell sein sollte 
    
 
 
4.4.5 Multikulturelle Erziehung als normale menschliche Erfahrung und 
andere Vorschläge 
    - Ansatz: 
    
        - anthropologische Sichtweise der Begriffe 
        
            - Erziehung (= Form der Sozialisierung und Grundvoraussetzung 
            zur Integration in die Gesellschaft) und 
            
 - Kultur (= sehr weiter Kulturbegriff, der auch unterschiedlichste 
            Lebensbedingungen der Individuen berücksichtigt) 
        
 
         - Gesellschaft besteht aus unzähligen Mikrokulturen, jeder Mensch 
        wächst in vielen Mikrokulturen und somit multikulturell auf 
        
            - Auseinandersetzung mit verschiedenen Kulturen beschränkt 
            sich nicht auf die Gruppe der ausländischen Kinder, sondern 
            ist alltägliche Erfahrung für jeden 
        
 
     
     - Durchführung: 
    
        - multikulturelle Erziehung kann nicht nur auf schulischen Bereich 
        bezogen werden 
    
 
     - Ziele innerhalb der Schule: 
    
        - Kinder sollen lernen, gemeinsam zu agieren und somit ihre Unterschiede 
        und Ähnlichkeiten kennen- und akzeptieren lernen 
        
 - Aufhebung der strikten Trennung von Majoritäts- und Minoritätskultur 
        
    
 
     - Vorteile: 
    
        - Konzept fördert gemeinschaftliche Arbeit und damit die Auseinandersetzung 
        der Schüler mit ihrer eigenen und mit fremden Kulturen 
        
 - neben Toleranz und Verständnis kann natürlicher Zweitspracherwerb 
        erzielt werden 
    
 
 
 
5. 
Anhaltspunkte für die pädagogische
Praxis 
    - jede Schülergruppe weist individuellen Förderbedarf auf 
    
        - Aufgabe des Lehrers, aus den vorhandenen Modellen jeweils Teilaspekte 
        herauszuziehen, sie zu einem geeignetem Lehrprogramm zu kombinieren 
        und sie ggf. zu modifizieren 
    
 
     - die Ursache für Lernschwierigkeiten bei zweisprachigen Schülern 
    liegt hauptsächlich in der mangelnden Muttersprachenkompetenz 
    
        - Förderung der Muttersprache sollte schon im Elementarbereich 
        einsetzen und einen großen Teil der Unterrichtszeit ausmachen 
        
        
 - im weiteren Verlauf der Schulzeit kann der Muttersprachenanteil 
        reduziert werden, sollte aber immer mindestens 1/3 des Stundenplans 
        betreffen 
    
 
     - Muttersprachenförderung, Zweitspracherwerb und andere stark sprachbezogene 
    Fächer sollten zunächst in getrennten Lerngruppen erfolgen, um 
    Misserfolgserlebnisse und Diskriminierungen zu vermeiden 
    
        - Begrenzung des integrativen Unterrichts, der den Kulturerwerb sichert, 
        zunächst auf sportliche und musische Fächer und außerschulische 
        Aktivitäten 
        
 - im weiteren Verlauf nimmt der gemeinsame Unterricht zu 
    
 
     - Lehrer der ethnischen Minderheit, der im regen Austausch mit dem Majoritätslehrer 
    steht, sollte auch zugegen sein 
    
        - Bedürfnissen, Ängste und Probleme der Minoritätenkinder 
        können erkannt, aufgegriffen und im Unterricht thematisiert werden 
        
    
 
     - bilinguale-bikulturelle Erziehung dient nicht nur der Integration von 
    Ausländerkindern, auch Majoritätenkinder erlangen Kompetenzen, 
    die für den Umgang mit Minderheiten Voraussetzung sind 
    
        - multikulturelle Gesellschaft sollte als bestehende Gesellschaftsform 
        anerkannt werden 
        
 - Unterscheide und Ähnlichkeiten zwischen Kulturen sollten als 
        positiv empfunden werden 
        
 - gemeinschaftliche Arbeit steht im Vordergrund : Lernschwierigkeiten 
        werden angesprochen, um Unterstützung der Mitschüler zu sichern 
        
    
 
 
 
6. Literatur 
    - Fthenakis, W.E./ Sonner, A./ Thrul, R./ Walbiner, W. (1985): Bilingual-bikulturelle 
    Entwicklung des Kindes. München: Hueber 
    
 - Gerling, U./ Thürmann, E. (1997): Wege zur Mehrsprachigkeit. In: 
    SchulVerwaltung - Zeitschrift für Schulleitung, Schulaufsicht und Schulkultur, 
    Heft 6/7/97 
    
 - Schlingmann-Zimmermann, U. (1982): Bilinguale-bikulturelle Erziehung 
    in den Vereinigten Staaten - Bericht über einen Forschungsaufenthalt 
    in den USA. Berlin 
    
 - Jungblut, G. (1982): Zweisprachiger Unterricht und bikulturelle Erziehung 
    - Theorie und Praxis am Beispiel USA. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft 
    (Hrsg.): Die deutsche Schule, Heft 5/ 82, 74. Jahrgang 
    
 - Eichstatt, M. (1985): Bilingualer Unterricht - wie ist er zu realisieren? 
    In: BAGIV: Muttersprachlicher Unterricht in der Bundesrepublik Deutschland. 
    Hamburg 
 
  