Inhalt
1. Zur Einordnung: Offener Unterricht
2. Theoretischer Hintergrund der Freiarbeit
3. Ziele der Freiarbeit
4. Voraussetzungen für die Freiarbeit
5. Merkmale der Freiarbeit
6. Freiarbeit im persöndlichen
Erfahrungs- und
Handlungsfeld
7. Chancen und Risiken der Freiarbeit
8. Literatur
1. Zur Einordnung: Offener Unterricht
1.1 Was ist Offener Unterricht
- offen für:
- Veränderungen in der Lebenswelt und –situation der Schüler
- neue Konzeptionen und Erkenntnisse vom Lernen
- individuelle Interessen und Erfahrungen
- Freiheit der Schüler, ihr eigenes Lernen mitzubestimmen und
-tragen
- offener Unterricht ist ein schüler- und handlungsorientierter,
auf Problemlösen angelegter und deshalb notwenig fächerübergreifender
Unterricht, der sich im Sinne von Projektarbeit um einen Themenschwerpunkt
zusammenfügt
- Arbeitsform steht am Ende einer Umstellung hin zu offenem Unterricht
- Möglichkeit für offenen Unterricht liegt in Grundhaltung des
Lehrers
- offener Unterricht:
- Menschenbild: Vertrauen in die Fähigkeiten des Schülers
zur Eigenaktivität und in die Entfaltung selbstaktivierender Kräfte
- Formen: Freiarbeit, Wochenplan, Stationenlernen
- Ziel: Schülern selbstgesteuertes Lernen ermöglichen
- Selbstgesteuertes lernen: Offenheit für die Verschiedenheit
(jeder Mensch lernt anders), Aufheben der Vergleichbarkeit und Eigenaktivität
- Schüler wird zum Subjekt seiner Lernprozesse (Lernen = Verarbeitung
eigener Erfahrungen)
- Stärke der Bewegung zum offenen Unterricht hin rührt daher,
dass sie nicht von der Schuladministration verordnet wurde, sondern sich
als Basisbewegung an den Grundschulen der alten Bundesländer gehalten
hat, aber im Einklang mit den bestehenden Richtlinien und Erlassen verwirklicht
werden kann
- offener Unterricht ist der Versuch, historische Erfahrungen, die zu
beginn des Jahrhunderts in der Reformpädagogik gemacht wurden, aufzugreifen
und sie auf die aktuellen Bedingungen schulischen Lernens zu übertragen
- offener Unterricht ist kein Unterrichtskonzept im üblichen Sinn,
sondern ein dynamischer und vernetzter Prozess der Entfaltung einer neuen
Unterrichtskultur im Schulalltag
- 2 Entwicklungslinien führen zur Öffnung des Unterrichts:
- Wiederbelebung reformpädagogischer Traditionen
- immer spürbarer werdende Veränderungen von Kindheitsmustern
- offener Unterricht bedeutet, sich aus den Theorien die Rosinen herauszupicken
und daraus einen zeitgemäßen und auf die Lerngruppe zugeschnittenen
Unterricht zu entwickeln
- Gemeinsamer Unterricht im Klassenverband ist im Umfang spürbar
begrenzt, aber in Form von Morgenkreis, Planungsgespräch, Demonstrationen,
Musizieren usw. weiterhin vorhanden
- Öffnung des Unterrichts meint zunächst Offenwerden gegenüber
den Interessen der Kinder
- Prozess des Lernens steht gleichrangig neben den intendierten Ergebnissen,
Förderung des Einzelnen wird Klassenziel und Selbständigkeit wird
wichtiger als Anpassung
- Veränderte Kindheit
- in den letzten 20 Jahren erheblich veränderte Kindheit und
daraus erwachsenes deutlich verändertes Sozial- und Lernverhalten
der Schüler
- Prinzen- und Prinzessinnensyndrom Egozentrik
- Schüler gehen verstärkt ihren individuellen Neigungen
nach, ohne dabei Rücksicht auf ihre Gruppe oder Klasse zu nehmen
- ausgeprägtes Selbstbewusstsein, das sich häufig im
Verschaffen persönlicher Vorteile erschöpft
- Schüler unterziehen sich nur ungern den etwas mühsameren
Lernprozessen
- Ursachen: veränderte Familienstrukturen, Lebensräume und
Tagesabläufe, zunehmender Medienkonsum, gewandelte Erziehungsziele
(statt Ordnung, Sauberkeit und Disziplin - Erziehung zur Selbständigkeit
und Kreativität)
- Differenzierung von Kindheitsmustern: viele Kinder durchleben vorschulische
Institutionen, andere Familien können sich dieses nicht leisten
- veränderte Kindheit erfordert veränderte Schule
- es kann nicht für jedes Kind ein passendes individuelles Lernprogramm
erstellt werden
- gemeinsamer Lehrgang kann nicht für alle zu befriedigendem
Ergebnis führen
- Öffnungsprozess muss stattfinden, der alle Beteiligten und
alle Bereiche von Schule umfasst, der Individualität fördern
kann und der für alle durchschaubar bleibt
- Funktionen und Ziele
- sich für das Leben öffnen
- von der herkömmlichen Lehrerolle lösen, Lernen initiieren
und sich dann auf gemeinsame Lernprozesse einlassen
- den Unterricht öffnen
- funktioniert nur, wenn Kinder gegebenen Anstoß in eigenständige
Aktivitäten umsetzen können
- ansprechende Inhalte sind nötig und Einstieg ist so zu
gestalten, dass Kindern die Gegenwartsbedeutung und Zielsetzung
des gesamten Themas klar werden
- Geduld ist erforderlich
- besonders zum Schulanfang muss sich der Lehrer auf jedes einzelne
Kind hin öffnen: Stärken und Schwächen feststellen
und Lernsituationen so gestalten, dass jedes Kind dort abgeholt
wird, wo es steht
- in Lernatmosphäre, in der Schüler Stärken und
Schwächen zeigen können. vollzieht sich auch Öffnung
der Schüler untereinander
- die Schule öffnen
- Eltern
- sollten auf Elternabenden ausführlich über offenen
Unterricht informiert werden
- sollten immer wieder in schulische Arbeit mit einbezogen
werden
- außerschulische Lernorte
- Schule kann sich diesen öffnen
- z.B. öffentliche Einrichtungen, Gemeinde, unterschiedlichen
berufen, nahegelegener Wald
- offener Unterricht muss geplant und organisiert werden, während
er von beginn an die Kinder als handelnde, mitplanende und mitbestimmende
Persönlichkeiten einbezieht
- offener Unterricht greift auf aktiven Lernbegriff zurück:
- Lernen ist nicht passiver Nachvollzug fremder Gedanken, sondern
aktive Erzeugung eigener Sinnstrukturen
- nicht Übernahme von Gedanken, sondern selbsttätige Differenzierung
und Diversifizierung der vorhandenen Erfahrungen, Gedanken, Fertigkeiten
und Strukturen
- Qualitätskriterien für offenen Unterricht
- Methodenvielfalt
- Freiarbeit, Projekte, Kreisgespräche, Kleingruppenarbeit,
Parter- oder Gruppenarbeit, berichte von Schülern
- Freiräume
- Freiräume zum vertiefenden, spielerischen, selbständigen,
entdeckenden lernen
- Umgangsformen
- klare Regeln
- Konfliktbearbeitung
- eindeutige Interpunktionen im Sinne sozialen Lernens
- Selbständigkeit
- Schüler haben aktive Rolle bei Steuerung von Lernprozessen
- Helfersystem
- was ist nach der Stillarbeit
- Lernberatung
- Beratungssituationen
- Förderungsorientierung
- Fehler als notwendige Bestandteile des Lernprozesses
- Öffnung zur Umwelt
- neue Erfahrungen in direkter Begegnung mit der Umwelt
- Sprachkultur
- Möglichkeiten zur direkten Kopplung von Sprache an sinnlich-konkrete
Erfahrungen
- Gesprächskultur
- Lehrerrolle
- Beziehungsarbeit
- Geduld, Gelassenheit und Toleranz
- Verfügbarkeit über Bearbeitungselemente zur Klärung
von Störungen und Konflikten
- Akzeptanz des Unterrichts
- Unterricht als gemeinsame Arbeit
- Lernumgebung
- handlungsorientierte Materialien
- offene Lernflächen
1.2 Historische Entwicklung des offenen Unterrichts
- Reformpädagogik – geht von den Bedürfnissen des Kindes aus
1.2.1 Maria Montessori (1870-1952)
- Menschenbild:
- Kind als aktiver Gestalter seiner Entwicklung
- Kindheit als eigener und bedeutsamer Lebensabschnitt, der sich grundlegend
von der Welt der Erwachsenen unterscheidet
- Erziehung = Realisation von Freiheit und Achtung vor der kindlichen
Freiheit und Entwicklung
- pädagogische Gedanken und Prinzipien:
- Hinführung des Kindes – auch des behinderten Kindes – zu optimaler
Selbsttätigkeit ("Hilf mir, es selbst zu tun!")
- Förderung zu eigenständiger Aktivität
- Befreiung von äußerer Lenkung
- Technik der Selbstkontrolle
- Freiarbeit = Vorgang der Selbstunterrichtung und Selbstbildung des Kindes
- Freiheiten
- Auswahl der Lerngegenstände
- Bewegungsfreiheit
- Zeitwahl
- Wahl des Bildungsniveaus
- Freiarbeit sollte durchgängig in der Schule stattfinden
- Grundgedanken
- Sensible Phasen
- Entwicklungsabschnitte vorübergehender Dauer zum Erwerb
bzw. zur Entwicklung bestimmter Kompetenzen oder Fertigkeiten
- Bauplan der Entwicklung: jede Entwicklungsstufe ist mit körperlichen
und geistigen Merkmalen verbunden
- Polarisation der Aufmerksamkeit
- totale Konzentration eines Kindes auf selbst gewählten
Gegenstand, die erst nachlässt, wenn Aufgabe gelöst ist
- Stufen der Polarisation
- Sammlung der Aufmerksamkeit in 3 Phasen:
Vorbereitung (Materialauswahl,
Vorbereitung des Arbeitsplatzes mit Freude)
Große Arbeit
(Kind und Sache werden eins) Ruhe und Ausruhen
- Vorbereitete Umgebung
- Freie Wahl
- Selbsttätigkeit und Bewegung
- haben grundlegende Bedeutung für physische und psychische
Entwicklung, für Intelligenz, Willen, Charakter, Unabhängigkeit
und Selbständigkeit
- Bewegung ist wesentlicher Faktor zum Aufbau von Intelligenz
- Selbständigkeit durch Selbsttätigkeit
- Übungen der Stille
- kein Mittel, um Ruhe herzustellen, sondern um neben konzentrierter
Aktivität konzentrierte Inaktivität zu ermöglichen
- Geschichte:
- 1900 = Das Jahrhundert des Kindes
- M. besuchte Mädchenlyzeum, das sich "technische Schule"
nannte und dessen Anschlussexamen zum Universitätsstudium berechtigte
- Studium der Medizin als erste Frau (massive Einschränkungen
des Studiums)
- Bestehen des Examens und Promotion als erste Ärztin Italiens
- Soziales Engagement
- Übernahme der Betreuung schwachsinniger Kinder als Assistenzärztin
in der Nervenklinik der Uniklinik
- Erforschung, wie geistige und soziale Entwicklung der Kinder gefördert
werden kann (Itard und Seguin)
- durch Übertragung der Übungsmaterialien Seguins auf schwachsinnige
Kinder erzielte M. unerwartete Erfolge
- Auseinandersetzung mit der Pädagogik
- Gründung einer staatlichen Schwachsinnigen-Schule, die M. leitete
(1899-1901)
- M. erforscht, was gesunde Kinder an öffentlichen Schulen auf
so geringem Niveau hält, dass ihre schwachsinnigen Kinder es mit
ihnen aufnehmen können
- Überzeugung, dass Übertragung der Methoden auf Regelschüler
erstaunliche Erfolge aufweisen würde
- Einschreibung für Philosophie und Psychologie
- 1904 Ernennung zum Professor an der uni Rom (4 Jahre Lehrstuhl für
Anthropologie)
- Gründung des ersten Kinderhauses im Elendsviertel von San Lorenzo
in Rom
- Tod am 6.5.1952 im Alter von 81 Jahren in Holland
- Montessori-Pädagogik in Deutschland
- faschistisches Regime löste Montessori-Gesellschaft auf und
verbot Montessori-Pädagogik in Deutschland
- nach dem Krieg Neuanfang
1.2.2 Celestin Freinet (1896-1966)
- spricht selbst nicht von Freiarbeit
- Forderung:
- Veränderung des Schulwesens, Schule muss dem Kind das Wort
geben
- Arbeitsgruppen mit fachlichen Schwerpunkten bilden, damit sie sich
selbst mit Dingen und Problemen auseinander setzen können
- Ziel schulischer Erziehung:
- ganzheitliche Entfaltung und Bildung der kindlichen Persönlichkeit
- Lehrer als Organisator schulischer Aktivitäten
- Lernen= aktiver, ganzheitlicher Prozess, der durch Selbstentfaltungskräfte
des Kindes gesteuert wird
- Motto: weitestgehende Individualität des Lernens und Übens
- Arbeitsateliers:
- Auflösung des Klassenblocks
- Arbeit in Ateliers ist interessengeleitet, projektartig und in der
Sozialform frei
- Wochenplan
- Erarbeitung des Basiswissens der amtlichen Curricula
- gesamter Lernstoff ist in Arbeitsmittel umgesetzt, so dass jeder
Schüler seinen wöchentlichen Plan individuell gestalten kann
- Arbeitskarteien:
- Grundlehrstoff ist in Arbeitskarteien behandelt (Informationskarte,
Aufgabenkarte, Lösungskarte)
- Wandzeitung:
- Wir kritisieren
- Wir beglückwünschen
- Wir wünschen
- Wir haben verwirklicht
- Freiheit im Unterricht durch:
- interessengeleitete Wahl der Ateliers
- projektartige Bearbeitung von selbstgestellten Aufgaben innerhalb
der Ateliers
- Wahl der Sozialform
- Selbstverantwortung für Planung des eigenen Wochenplans<
- Auswahl der Arbeitsmittel für das gewählte Problem
- großer Spielraum für Selbstverantwortung
- Materialien:
- Aufforderung zu ganzheitlicher, projektartiger Aufgabenstellung
- eingebaute Fehlerkontrolle in Arbeitskarteien
- Freiarbeit hat hohen Stellenwert in Ateliers, findet aber im Wechsel
zu anderen Unterrichtsformen statt
- Handlungsorientierung, -planung und –Kontrolle in der Hand des Schülers
- Wochenplan erfordert hohe Planungskompetenz und Selbsteinschätzung
1.2.3 Peter Petersen (1881-1952)
- Freiarbeit hatte besondere Bedeutung in Konzeption der Jena-Plan-Schule
- Jahrgangsklassen- und Fachunterricht aufgelöst zugunsten von altersübergreifendem
Gruppenunterricht und Kurssystem, in dem auf unterschiedliche Interessen
und Fähigkeiten der Kinder Rücksicht genommen wird
- in Freiarbeit-Phasen steht selbständiges "forschend-entdeckendes
Lernen" der Schüler im Vordergrund
1.3 Formen des offenen Unterrichts
1.3.1 Lernen an Stationen
- andere Bezeichnungen: Lern-/ Übungszirkel, Lernparcours oder Lernstraße
- festgelegtes Thema wird von Lehrer zergliedert und in verschiedene Teilthemen
gegliedert
- Aufbau in Form von Stationen im Klassenraum
- Laufzettel zur Orientierung
- Ablauf in verschiedenen Phasen:
- Anfangsgespräch<
- Rundgang
- Stationsbearbeitung
- unterschiedlich komplexe Aufgaben, um Schülern mit unterschiedlichen
Leistungsniveaus gerecht zu werden
1.3.2 Projektarbeit
- ausgehend von John Dewey (1859-1952)
- Elemente:
- Denkende Erfahrung (aktive und geplante Auseinandersetzung mit der
sozialen Umwelt)
- Perspektive der sozialen Höherentwicklung (Demokratisierung)
- weitgehender Anspruch an Selbstorganisation und Selbstverantwortung
- 4 Projektschritte:
Für den Erwerb von Erfahrungen geeignete,
problemhaltige Sachlage auswählen
gemeinsam Plan zur Problemlösung
entwickeln
handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Problem
Problemlösung
an Wirklichkeit überprüfen
- ist zentrales Element im Prozess der Öffnung es Unterrichts
- Unterschied zur Freiarbeit: gemeinsame Planungsprozesse der Lerngruppe
- wichtige Elemente des Projektunterricht:
- handlungsorientierter Unterricht
- praktisches Lernen
- wird gemeinsam von Lehrern, Schülern und ggf. Eltern geplant und
durchgeführt
- gesellschaftlich relevantes Thema
- innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers
- Ziel:
- Einstellungsänderung bei Kindern und in der Öffentlichkeit
- Merkmale des Projektunterrichts:
- Situationsbezug
- Spontaneität
- offene Planung
- Zielsetzung durch Schüler, aber Korrespondenz zu Richtlinien
- Orientierung an Interessen der Beteiligten
- gesellschaftliche Praxisrelevanz
- zielgerichtete Projektplanung
- Selbstorganisation und –verantwortung
- Einbeziehen vieler Sinne
- Soziales Lernen steht im Vordergrund
- Motivation durch gemeinsames Werk
- Vollendungswille
- Produktorientierung
- Interdisziplinarität
- Grenzen: Projektunterricht im Verhältnis zu anderen
Unterrichtsformen
1.3.3 Tagesplan-/ Wochenplanarbeit
- Übergang von lehrergesteuertem zu mehr eigenverantwortlichem Unterricht
- Plan
- Pflichtaufgaben, die in eigener Verantwortung innerhalb einer bestimmten
Zeitspanne durchgeführt werden müssen
- Angebot an Aufgaben zur freien Auswahl
- Aufgaben, Forschungsaufträge und Spielanregungen stehen in
engem Zusammenhang zum gemeinsamen Unterricht der Klasse
- es erscheinen vornehmlich die Themen, die den Schülern einen
stärker individualisierten Zugang zu den Unterrichtsinhalten ermöglichen
- Möglichkeiten
- Wahl der Reihenfolge
- Bestimmung des Tempos
- Wahl des Rhythmus von konzentrierter Arbeit und Pausen
- Wahl der Arbeitsformen und –mittel
- Lernziele
- Arbeitsweise planen und einteilen
- selbständig und kreativ Lösungswege finden
- möglichst eigenverantwortlich Arbeitsergebnisse kontrollieren
- mit anderen sachbezogen zusammenarbeiten
- unterscheidet sich von Freiarbeit durch Maß an Freiheit
- Lehrer schreibt vor, welches Pensum der Schüler in den bestimmten
Unterrichtsstunden einer Wochen erledigt werden muss
- Reihenfolge ist frei
- sind Schüler mit dem Tagesplan vertraut, empfiehlt es sich, den
Wochenplan einzuführen
- größere Anforderungen an die Schüler in Bezug auf
- Zeiteinteilung
- Zahl der zu bearbeitenden Aufgaben wird erhöht
- Angebot wird erhöht
- wer klüngelt, muss Arbeit während der gestalteten Freizeit
beenden
- Zahl der Aufgaben kann allgemein oder individuell gesteigert werden
- wer fertig ist mit Arbeit, darf sich nach Wahl beschäftigen, natürlich
leise
1.3.4 Vorhabenorientierte Freiarbeit
- Materialien erwachsen direkt aus dem Vorhaben oder stehen in Bezug dazu
- im Vorhaben entstehende Erlebnisgrundlage erhöht Motivation und
hilft, Interessen besser wahrzunehmen und gezielter zu verfolgen
- Verarbeitung der Vorhabeninhalte versetzt Schüler in die Lage,
selbständiger und souveräner am weiteren Vorhabenverlauf teilzunehmen
und diesen auch mitzugestalten
- Materialien entstehen im Vorhabenverlauf; Anzahl nimmt allmählich
zu, wobei manche während des ganzen Vorhabens aktuell bleiben und andere
nach einiger Zeit ihren Anreiz verlieren
2. Theoretischer Hintergrund der Freiarbeit
2.1 Definition
2.1.1 Wallrabenstein
- Freiarbeit als klar definierter Raum für eigene Entscheidungen
der Lerner
- Kinder wählen aus Angebot von Lernmöglichkeiten in einer Lernlandschaft
freie Aktivitäten für sich aus, folgen ihren Lernbedürfnissen
und beginnen im Rahmen ihrer Lernbiographie eigene Lernwege
2.1.2 Allgemeines
- weit gehende zentrale Form eines offenen Unterrichts
- zeichnet sich durch umfängliche Wahlfreiheit für den einzelnen
Schülern aus
- Ziele und Inhalte die bearbeitet werden:
- Arbeitsplatz
- Arbeitsweise (Dauer, Anzahl der Wiederholungen)
- mögliche Partner
- Zeit des Lernens
- Schwierigkeitsgrad
- Selbstbeurteilung
- angebotene Arbeitsmaterialien
- Freiheit, seine arbeit selbst zu beurteilen anhand der im Material
enthaltenen Selbstkontrolle
- frei ist für die Schüler die Entscheidung, was, wie womit,
mit wem und wie lange sie arbeiten möchten
- ermöglicht selbstgesteuertes Lernen
- grundlegendes Menschenbild:
- Vertrauen auf Fähigkeiten des Kindes
- Erkenntnis, dass jedes Kind anders lernt
- Erkenntnis, dass selbstbestimmte Lernprozesse zu besserem Verhalten
und höherem Lernzuwachs führen
- kann sich auf fachorientierte Lehrgänge und darauf bezogene Übungen
sowie Vorhaben und Sachthemen im Rahmen der mittelfristigen Planung beziehen
- beruht auf der Haltung des Lehrers, der durch Achtung der Freiheit des
Kindes den Freiraum schafft, Lernprozesse selbst zu gestalten
- Lehrerrolle:
- traut dem Schüler zu, seinen eigenen Lernweg zu finden
- ist davon überzeugt, dass der Schüler, indem er sich auf
seine Weise mit dem Lernstoff auseinandersetzt, aktiv, interessierter
und aufmerksamer lernt, besser behält und einen höheren Lernzuwachs
erzielt
- traut Schüler zu, Entscheidungen treffen zu können oder
diese Fähigkeit im Verlauf der Freiarbeit zu entwickeln
- Grundlage: Vorbereitete Umgebung
- Unterrichtsform, die entgegen dem Augenschein sehr zielgerichtet vorgeht,
die Führung wird in das didaktische Material gelegt
- wichtigstes pädagogisches Prinzip: Selbsttätigkeit
- Selbsttätigkeit und Bewegung haben grundlegende Bedeutung für
die Persönlichkeitsentwicklung und den Aufbau der Intelligenz
- mit Materialien unterschiedlicher Sinnesqualität und dem Ermöglichen
verschiedener Sozialformen wird dem Prinzip der Ganzheitlichkeit entsprochen
- Freiarbeit berücksichtigt gleichermaßen kognitive, instrumentelle,
emotionale und soziale Aspekte
- DIE FREIE ARBEIT gibt es nicht!!!
- Sammelbegriff mit vielen Schattierungen und Differenzierungen, eine
Idee, die sich in der Praxis und durch die Praxis der Lehrer ständig
verändert
- Freiarbeit = Kinder treffen auf eine vorbereitete, auf ihre individuellen
Interessen, ihre Lernausgangslage abgestimmte (Lern-) Umgebung. Sie entdecken
ihre Interessen, planen und gestalten ihren Arbeitsprozess selbständig,
bewerten ihre Arbeitsergebnisse und lernen so handelnd unter Einbeziehung
aller Sinne
- Form des offenen Unterrichts, die durch Freiheit und Arbeit gekennzeichnet
ist
- ist kein eigenständiges Unterrichtsfach, sondern als Ergänzung
und Vertiefung des Fachunterrichts zu sehen
- spricht den kognitiven, motorischen, sozialen und emotionalen Bereich
an
2.2 Rechtliche Grundlagen
2.2.1 Grundschule
- Freiarbeit hat ihre Legitimation in der Grundschule bereits gefunden:
seit 1970 ist sie offiziell als Empfehlung der Kultusministerkonferenz ausgesprochen
worden
2.2.2 Schule für Geistigbehinderte
- Ziele der Freiarbeit zeigen deutliche Übereinstimmungen mit Zielen
der Schule für Geistigbehinderte, wie sie in den Richtlinien der meisten
Bundesländer und den KMK-Empfehlungen formuliert sind (Unterrichts-
und Erziehungsziele der Schule für Geistigbehinderte in Korrespondenz
zu den Zielen der Freiarbeit
- beim Vergleich der Ziele und pädagogischen Prinzipien
der Freiarbeit mit dem pädagogischen Auftrag und den Unterrichtsprinzipien
der Schule für Geistigbehinderte, lässt sich große Übereinstimmung
feststellen
- Bachs Ziel-Ableitungen aus dem pädagogischen Auftrag der Schule
für Geistigbehinderte:
- Mündigkeit (selber wählen, Entscheidungen treffen)
- Erfülltheit (Vertrauen, Selbstvertrauen)
- Tüchtigkeit (Selbständigkeit, Arbeitshaltung, eigene Ansprüche
erkennen)
- Lernfähigkeit
- Integrationsfähigkeit
- didaktische Grundsätze aus den bayerischen Richtlinien:
- Ganzheitlichkeit, Selbsttätigkeit
- Lebensunmittelbarkeit, soziales Lernen
- Individualisierung
- Selbstverwirklichung in sozialer Integration ist nur möglich, wenn
Schülern Freiräume zugestanden werden und sie die Chance bekommen,
Erfahrungen mit eigenen Entscheidungen zu machen
2.2.3 Aufsichtspflicht
- Aufsichtspflicht der Schule erstreckt sich auf die Zeit, in der die
Schüler am Unterricht oder an sonstigen Schulveranstaltungen teilnehmen
- jeder Minderjährige bedarf grundsätzlich einer Aufsicht
- Sinn und Zweck der Aufsicht:
- Schutz des Schülers vor körperlichen und seelischen Schäden
- Schutz der Schüler vor Sachschäden
- Erhaltung des Schuleigentums
- materieller und körperlicher Schutz Dritter gegenüber
Schülern
- Aufsichtspflicht ist Amtspflicht des Lehrers
- verletzt er Pflicht, kann Dienstherr ihr arbeits- oder disziplinarrechtlich
zur Verantwortung ziehen
- Lehrer entscheidet im Rahmen seiner pädagogischen Verantwortung,
welche Aufsichtsmaßnahmen angebracht sind
3. Ziele der Freiarbeit
3.1 Direkte Ziele
- Ziele liegen in umfassender Persönlichkeitsentwicklung des Schülers
- Schüler erfahren, dass ihre Entscheidung und ihre Anstrengungen
ernst genommen werden
- Freiarbeit soll den Schüler Freude bereiten und Spaß machen
- Möglichkeit der intensiven Beschäftigung und der beliebigen
Wiederholung gibt Vertrauen in die eigene Leistung
- Handlungsfähigkeit (Handlungsorientierung, -planung, -ausführung
und -kontrolle)
- durch selbsttätige Auseinandersetzung werden Schüler selbständiger,
lernen selbst zu planen, Lösungen zu finden, Verantwortung zu übernehmen
und auch ohne Lehrer aktiv zu sein
- Gelegenheit, eigene Interessen herauszufinden
- Freiarbeit fördert Atmosphäre, in der jeder den Lern- und
Entwicklungsstand des anderen anerkennt und sich über seine Fortschritte
mitfreut.
- interpersonale Beziehungsrichtung geht immer mehr von Schüler zu
Schüler
- Entstehung oder Förderung einer Klassengemeinschaft
- nicht nur auf Inhalt bezogen, sondern auf Handlungsfähigkeit des
Schülers
- nicht Verstärkung durch Lehrer, sondern Erfolg an sich beeinflusst
zukünftige Handlungsorientierung
- Einigungsprozesse
- kreativitäts- und lernfördernde Funktionen der Freiarbeit
- Erziehung zu Ehrlichkeit und Kritikfähigkeit
- sich selbst Ziele setzen, Arbeitsprozess und Arbeitsergebnis verantworten
lernen
- Interessen aufbauen
- Lernangebote und Arbeitszeit nutzen und selbstverantwortlich damit umgehen
- Hilfe suchen und Hilfe geben
- Aufgaben und Pflichten entdecken und auf sich nehmen
- Ideen verwirklichen
- Sozialkompetenz
- Leistungserziehung
3.2 Nebeneffekte
- Förderung des Symbolverständnisses
- Fähigkeit, Regeln und Abläufe einhalten zu können
- Rücksichtnahme
- Stärkung des Selbstvertrauens
- Einsehen, dass Fehler und Irrtümer lernnotwendig sind
- Spaß, Freude und Erfolg führen zu positiver Arbeitshaltung
- freie Wahl des Materials erhöht die Motivation und dadurch auch
die Belastbarkeit
- Wahl des Schwierigkeitsgrads führt zu höherer Konzentration
- Verantwortungsbewusstsein für Umgang mit der eigenen Arbeit und
dem Material
- Verständnis für Notwendigkeit von Regeln in bestimmten Situationen
- Selbstkontrolle erzieht zu Ehrlichkeit und Kritikfähigkeit der
eigenen Arbeit gegenüber
- Entscheidungsfähigkeit wird gefördert
- eigene Interessen werden geweckt
- kooperatives Verhalten wird trainiert
- durch Erfolgserlebnis wird das Selbstvertrauen gestärkt
3.3 Ziele für die Schule für Geistigbehinderte
- aus falsch verstandenem Mitgefühl und aufgrund einer Fehleinschätzung
ihrer Lernmöglichkeiten werden Menschen mit geistiger Behinderung häufig unselbständig
gehalten und dominiert
- Vorteile und Auswirkungen der Freiarbeit sind für Menschen
mit geistiger Behinderung
besonders wichtig
- Freiarbeit hilft Menschen mit geistiger Behinderung, Schritt für Schritt individuelles
Maß an Selbständigkeit zu erarbeiten und durch die erlebten Erfolge
ein neues Selbstvertrauen aufzubauen, soweit ein Gefühl für die
eigene Wertigkeit zu entwickeln
4. Voraussetzungen für die Freiarbeit
- Praxis der Freiarbeit muss selbst dazu beitragen, ihre Voraussetzungen
zu schaffen
4.1 Raum
- Vorbereitete Umgebung
- Lernangebot präsent, frei zugänglich, bewusst geordnet
und begrenzt
- Lernumgebung, die vom Lehrer bewusst gestaltet wird
- viele Regale/ Schränke
- verschiedene Lernzonen
- variable Möbel
- Ausstellungsflächen bieten
- wohnliche Ausgestaltung des Klassenzimmers
- unterschiedliche Tätigkeiten müssen zur gleichen Zeit möglich
sein
- auch auf dem Fußboden arbeiten (Teppichfliesen)
- offene Regale in kindgerechter Höhe, die übersichtliche, leicht
zugängliche und nach Lernbereichen getrennte Darbietung der Materialien
erlauben
- geschlossene Schränke für Lernmittel, mit denen Schüler
nicht selbständig arbeiten können
- eindeutige räumliche Trennung von Material für die Freiarbeit
und Material für das Freispiel
4.2 Zeit
- relativ offener zeitlicher Rahmen
- klares Einbinden in den Schulalltag
- fester Platz im Stundenplan
- Ausweisung im Stundenplan, damit dokumentiert wird, dass es sich um
vollwertigen Unterricht handelt
- feste Zeit reservieren, möglichst täglich
4.3 Organisation
- Regeln und Rituale
- Arbeitsregeln:
- Nicht stören
- nicht sofort den Lehrer rufen (nicht gleich aufgeben, sondern es
solange selbst versuchen, bis es wirklich nicht mehr geht)
- Aufgabe beenden (ist Freiarbeits-Stunde zu Ende, wird nicht vollendete
Aufgabe auf Tablett mit Namen versehen)
- Material wegräumen
- Plan ankreuzen
- geeignete Form der Dokumentation der beabsichtigten und geleisteten
Arbeit
4.4 Schüler
- keine Altersbeschränkung
- Lernen, dass man Hilfe braucht und Hilfe geben kann
- mit Mitschülern, Lehrern und Erwachsenen Kontakte aufnehmen und
pflegen
- Förderung von Planungs- und Organisationsfähigkeit
- Aufbau und Stärkung der Motivation für selbstbestimmtes Handeln
und selbstverantwortetes Leben
- elementare Handlungsorientierung (erste Interessen, einfachste Handlungspläne,
um mit Dingen und Situationen umzugehen
- müssen lernen, selbstverantwortlich zu lernen
- technische Fähigkeiten (leise gehen, Material holen,...)
- Entscheidungskompetenzen
- Konzentrationsfähigkeit
- warten können
- Arbeit beenden
- Beschaffung notwendiger Arbeitsmittel
- Arbeiten ohne unmittelbare Bestätigung durch Lehrer
- Vorkenntnisse haben für Lernprozess große Bedeutung
4.5 Lehrer
- gut funktionierendes team-teaching
- Überzeugung von Richtigkeit und Nutzen der Unterrichtsform
- Vertrauen
- in die Tatsache, dass alle Menschen so angelegt sind, dass sie lernen
und selbständig werden wollen
- dass jedes Kind selbst am Besten weiß oder fühlt, was
für es am besten ist
- in die Fähigkeit des Kindes, bei entsprechender Anleistung
seinen Lernprozess zunehmend selbst aufzubauen und zu steuern
- Ruhe und Gelassenheit
- sich nicht entmutigen lassen
- sich vom unterschiedlichen Leistungsstand der Schüler nach einiger
Zeit der Freiarbeit nicht irritieren lassen
- funktionierendes team-teaching in der Klasse
4.6 Eltern/ Schule
- müssen Unterrichtsform mittragen
- Legitimation durch Schulleitung
4.7 Material
5. Merkmale der Freiarbeit
5.1 Allgemeines
- Freiheit wird eingegrenzt durch:
- vereinbarte Verhaltens- und Umgangsregeln
- sachstrukturelle Erfordernisse (Reihenfolge der Handlungsschritte,
Anzahl der Mitspieler u.ä.)
- Begrenzung des Materialangebots
- eigene Zielsetzungen des Schülers
- Abgrenzung zur Wochenplan-Arbeit:
- Arbeitsregeln bleiben bestehen
- keine Mengenmäßige Arbeitsvorgabe
- Anzahl der Arbeitsmittel wird langsam gesteigert
- Schüler sollen möglichst großen Freiraum haben, sich
frei in Räumen bewegen können, ihre Arbeit selbst wählen
und miteinander sprechen können
- Schüler müssen lernen, sich zu entscheiden, was, wie, womit,
wie lange und mit wem sie lernen
5.2 Ablauf
Vorgespräch
- Grundprinzipien der Freiarbeit werden immer wieder aktualisiert
- Schüler überlegen, was, wo und mit wem sie arbeiten möchten
- ggf. werden Regeln thematisiert
Arbeitsphase
- Schüler holen Material, suchen Platz, richten Platz ein und arbeiten
Abschlussphase
- Ende wird 15 Minuten früher bekannt gegeben<
- Schüler beenden Arbeit allmählich, räumen Platz auf,
dokumentieren Arbeit
- Ende der Freiarbeit-Phase kann offen oder geschlossen sein
- offen: fließender Übergang von der Freiarbeit zum Freispiel
- geschlossen: alle Schüler hören gleichzeitig auf
Nachgespräch
- zeigen oder berichten, was sie getan haben
- Besprechen aufgetretener Probleme
- Ziele innerhalb der Verhaltensweisen der Schüler:
- sich für die Arbeit anderer interessieren
- Mitschülern zuhören
- eigenes Tun darstellen und möglichst verbalisieren
- eigenes Verhalten einschätzen und bewerten
- Bedürfnisse der Mitschüler erkennen
5.3 Vorformen und Einführung der Freiarbeit
5.3.1 Vorformen
- Freiarbeits-Materialien in Differenzierungs- und Übungsphasen einsetzen
- Entscheidungen in verschiedenen Unterrichtsinhalten ermöglichen
- Stationslernen, Partner-/ Kleingruppenarbeit, Projektarbeit, Rituale
- Gemeinsames Erarbeiten des Tagesplans
- Möglichkeiten der eigenen Zielsetzung und Selbstkontrolle geben
5.3.2 Einführung
- zuerst sollte Team sich gründlich überlegen:
- schrittweise Hinführung
- notwendige Materialien
- räumliche Voraussetzungen
- mit den Schülern zu vereinbarenden Regeln
- Form der Dokumentation
- Möglichkeiten der Einführung:
- allmählicher Einbau in den gewohnten Unterricht (z.B. anstelle
von Stillarbeit)
- direkte Einführung (Schüler lernen Freiarbeit und freie
Wahl sofort und bewusst kennen)
- am Besten in enger Verbindung zum übrigen Unterricht
- der gesamte Unterrichtsalltag sollte Aspekte selbstbestimmten Lernens
einbeziehen
- die Fähigkeiten und Kenntnisse aus der Freiarbeit sollten im
übrigen Unterricht Anwendung und Berücksichtigung finden
- Einstieg in kleinen Schritten (Schülern Zeit für allmähliche
Veränderungen auf der Basis gemachter Erfahrungen zugestehen)
- 1. Einführung der freien Wahl und des selbständigen Arbeitens
(kleine Anzahl bekannter Materialien fördert Prinzip der freien
Wahl;
Gewöhnung daran, dass jeder etwas anderes arbeitet)
- 2. Einführung in die freie Wahl des Arbeitsplatzes
(kann
bewusst thematisiert werden)
- 3. Einführung in die freie Wahl der Sozialform
(zunächst
Partner-, später Kleingruppenarbeit erproben und die dafür
geltenden Regeln besprechen)
- Ordnungs- und Strukturhilfen
- lautes und verbindliches Entscheiden, Dokumentieren
- Gegenseitige Vorstellen der Arbeiten
- ideal ist Einführung in der Unterstufe
- Beispielhafte Einführung bei Freiarbeit mit Wochenplan
- 1. Phase: Einführung von didaktischem Material
- jedes einzelne Material wird in der Klasse eingeführt und
bezüglich seiner Handhabbarkeit und Nutzungsmöglichkeiten
erprobt und besprochen
- 2. Phase: Erlernen von Arbeitsformen
- Einzel-, Partner- und Kleingruppenarbeit
- 3. Phase: Einführung eines Wochenplans
- 4. Phase: Erarbeitung der Struktur der Wochenplan-Arbeitsformen
- Anfangsspiel, Arbeitsphase, Aufräumphase
- 5. Phase: Verbindliche Aufgaben
- 6. Phase: Verbindliche und selbstbestimmte Aufgaben
- das Maß der Bestimmung durch den Lehrer soll langsam immer
mehr abgebaut werden
- 7. Phase: Erweiterung der Wochenplan-Arbeit um den Wochenabschluss
bzw. Freitagskreis
- Einführung der Freiarbeit gelingt um so besser, je mehr die neue
Unterrichtsform in enger Verbindung zum übrigen Unterricht gestaltet
wird
5.4 Grundregeln
- Regeln:
- leise laufen und sprechen
- Materialien wieder vollständig an ihren Platz bringen
- Arbeit zu Ende bringen
- dokumentieren
- ich lasse mich nicht von anderen ablenken
- bei Problemen zuerst Mitschüler, dann ggf. den Lehrer fragen
- können zu Beginn oder beim Auftreten der ersten Probleme eingeführt
werden
- nötig und möglich, Einsicht in die Notwendigkeit der Regeln
anzubahnen und üben
- langfristig sollen Schüler Regeln verinnerlichen
5.5 Methodik
- Dokumentation der erledigten Aufgaben (durch Materialkärtchen)
- anderen zeigen, was sie gemacht haben
- eigenes Tun durch Nachschlagen reflektieren
- zuviel freier Raum stellt Überforderung dar
5.6 Sozialformen
- Prinzip der Ganzheitlichkeit – Ermöglichen verschiedener Sozialformen
5.7 Material
- Beginn mit nur wenig Material
- Prinzip der Ganzheitlichkeit – Aufgabenschwerpunkte:
- Wahrnehmung
- Motorik
- Sprache
- Sachaspekt und kognitiver Aspekt (Wissens- oder Kenntniserwerb,
...)
- Kreativität/ Gestalten
- Lesen/ Schreiben/ Rechnen
- Prinzip der Selbsttätigkeit – mehr als bloßes Agieren, sondern
vielfältige Formen der Erarbeitung, Vertiefung und Übung, z.B.
- Information aufnehmen
- Zusammenhänge erkennen
- Einzelheiten erkennen
- Strukturen erfassen, unterscheiden, gliedern, ordnen, wiedererkennen,
- vergleichen, probieren, prüfen, verändern, planen, experimentieren
- elementare Tätigkeiten schulen
- lebenspraktische Fertigkeiten ausbilden
- muss auf Entwicklungsstand der einzelnen Schüler abgestimmt sein:
Beobachtung
- Qualität des Materials (nach Montessori)
- Isolierung der Schwierigkeiten
- Polarisierung der Aufmerksamkeit
- Beschränkung auf ein Lernziel, klare Aufgabenstellung
- Aufbauende Struktur
- für jedes Sinnesgebiet Materialien mit unterschiedlichem
Schwierigkeitsgrad
- fach- und sachlogische Strukturen berücksichtigend, aufeinander
aufbauend und auf das individuelle Förderbedürfnisse abgestimmt
- Material kann auch durch Erweiterungsmöglichkeiten in sich
selbst aufbauend sein
- Wiederholbarkeit
- Wiederholungen sind zur Festigung nötig
- Individuelle Arbeitsdauer
- variable Arbeitsdauer verhindert Frustrationserlebnisse
- Einmaligkeit
- jedes Material wird nur einmal zur Verfügung gestellt,
um Einigungsprozesse zu initiieren
- Entwicklung echter Entscheidungen
- Haltbarkeit
- vielfachen (auch nicht-sachgemäßen) Verwendungen
standhalten
- Selbstkontrolle
- vom Lehrer unabhängige Kontrolle
- Ästhetik
- den Schüler reizen, es zur Hand zu nehmen
- Förderung der Wertschätzung
- Präsentation
- problemloses Transportieren zum Arbeitsplatz
- Materialbeschaffenheit
- erhöht Aufforderungscharakter und wirkt sich förderlich
auf Lerninhalte aus
- Kriterien:
- einen oder mehrere Lösungswege anbieten
- vom Konkreten zum Abstrakten und problemlösenden Denken führen
- Selbsttätigkeit
- nicht nur bloßes Handeln, sondern Ordnen von Erfahrungen
ermöglichen
- Entwicklungsgemäßheit
- an Erfahrungen anknüpfen
- auf das individuelle Förderbedürfnis, die Interessen
und das Alter der Schüler abgestimmt
- Strukturiertheit
- auf 1 Lernziel beschränkt
- klare Aufgabenstellung
- selbständiges Arbeiten ermöglichen
- Wiederholungen oder Variationen zulassen
- nicht jedes Material kann allen Kriterien entsprechen, es sollte aber
möglichst viele anstreben
- Selbstkontrolle:
- ermöglicht sachliche, lehrerunabhängige Selbsteinschätzung
- Möglichkeiten
- Kontrolle durch den Gegenstand selbst; Material wird ganz, vollständig
(z.B. Puzzle)
- Kontrolle dadurch, dass Gegenstand funktioniert
- Kontrolle durch Vergleich mit Vorlage
- Material ist das entscheidenende Element der Freiarbeit
- Material muss gezielte, auf den einzelnen angestimmte Lernprozesse ermöglichen
- breites Angebot
- Grundausstattung = Material aus allen folgenden Gruppen (Anzahl variiert
nach Entwicklungsstand, Alter und Interessen der Schüler:
- Material zur Wahrnehmungsförderung
- Schulung der einzelnen Sinne und deren Zusammenspiel
- Verbinden der Sinneseindrücke
- Material zur Förderung der Motorik
- Übungen des täglichen Lebens
- Schulung der Bewegungskoordination
- Lenkung des Bewegungsdrangs
- Material aus dem Vorhabenunterricht
- Material aus den fachorientierten Lehrgängen
- Kreativmaterialien
- regen zu kreativem Tun an
- charakterisiert durch Sachbezogenheit
- nötige Materialien:
- Material, mit dem sich Kinder Sachbereiche erarbeiten und selbständig
Antworten auf Fragen finden können (Lexika, ...)
- Material, das Kinder beim aktiv-denkenden Handeln unterstützt
(Anlauttabelle, ...)
- Material, das Kinder zur Projektarbeit brauchen
- Material, das das selbsttätige Üben mit eingeführten
Arbeitstechniken ermöglicht (Lernkartei, ...)
- Einführung von Materialien:
- in der ganzen Klasse oder einer kleinen Gruppe/ bei einem Schüler
- Schüler müssen:
- Zielsetzung erfahren
- Handhabung kennen lernen
- im praktischen Vollzug üben
- Selbstkontrolle erst am Ende einsetzen
- Einräumen sachgerecht , sorgfältig und ästhetisch
vollziehen
- Überlegungen, die bei der Entscheidung für ein Material erforderlich
sind:
- beabsichtigtes Ziel
- Lernvoraussetzungen
- erwartete Selbständigkeit
- mögliche Wiederholungen
- erwartete Motivationsqualität
- erwartete Arbeitsform
- erwartete Lernart
5.8 Lehrerrolle
- vor der Freiarbeit:
- Lernumgebung entsprechend vorbereiten und gezielt Angebote bereit
stellen
- Material austauschen, austauschen ausbessern, ergänzen
- über den gegenwärtigen Leistungsstand der Schüler
hinaus auch Ziele anbieten, die ihre Fähigkeiten erweitern und
sich auf das wirkliche Leben beziehen
- während der Freiarbeit
- bei Bedarf beraten, helfen
- in neues Material einweisen
- beobachten
- anregen
- Da sein (jedem Schüler soviel Nähe geben, dass er Eigenaktivität
entwickeln kann)
- Zusehen (auch wenn Schüler Fehler machen nicht sofort eingreifen)
- nach der Freiarbeit:
- Schülerarbeiten nachschauen, korrigieren
- Beobachtungen aufschreiben
- leise sprechen
- Glocke o.ä. zum Hinweisen auf Lautstärke
- selbst intensiv arbeiten, um Kinder nicht zu verunsichern
- Zurückhaltung von wertenden Kommentaren
- intensiver Lehreeinsatz während der Freiarbeit:
- Schüler auf dem Weg begleiten, sie aufzubauen und zu ermuntern,
- Arbeitsfreude wecken und erhalten
- nötiges Material bereitstellen, teilweise selbst herstellen
und immer wieder den fortschreitenden Fähigkeiten der Schüler
entsprechend erneuern und erweitern
- darauf achten, dass die Schüler sowohl alleine arbeiten als
auch ab und an mit einem Partner
- je intensiver und strukturierter die Anfänge sind, desto selbständiger
werden die Schüler später arbeiten
- muss die Schüler da abholen, wo sie stehen und sie allmählich
und Schritt für Schritt an die neue Unterrichtsform heranführen
- besonders in Einführungsphase deutlich Position beziehen und konsequent
auf Einhaltung der Regeln achten
- Vorbildrolle:
- immer nur 1 Schüler ansprechen
- sehr leise sprechen
- nicht laut um Ruhe bitten
- bei Doppelbesetzung erst hinterher Beobachtungen austauschen
- selbst intensiv arbeiten
- Bestandteile der regelmäßigen Teambesprechungen
- Materialauswahl
- genaue Handhabung des Materials
- Austausch von Schülerbeobachtungen
- Suchen von Lösungen für aufgetretene Probleme
- eigenes Verhalten
5.8.1 Lehrerfunktionen
Diagnostizieren
- Beobachtung der Schüler, um geeignetes Material auszuwählen
und zu entwickeln
Beraten
- Beratung der Kollegen im Team (auch außerhalb des Teams, wenn
andere Klassen mit Freiarbeit beginnen möchten)
- Beratung der Eltern
Unterrichten, Fördern und Erziehen
- Planung
- Durchführung
- Reflexion
Kooperieren
- team-teaching
- Kooperation mit Schülern
Innovieren
- Einführung der Freiarbeit
- Entwicklung von Material
Verwalten und Organisieren
- Stundenplan
- Medien besorgen
5.9 Einbezug schwerstbehinderter Schüler
- in Freiarbeit erfahren die Schüler
- ihre Wahl und Anstrengungen werden ernst genommen
- manche Materialien sind für sie nicht mehr oder noch nicht
geeignet
- jede Arbeit ist gleich wichtig und wird anerkannt
- jeder sammelt durch seine Arbeit Erfahrungen und erweitert Kenntnisse
- manche brauchen mehr Hilfe als andere
- aus dem erstellten individuellen Förderplan werden geeignete Materialien
abgeleitet
- Ziele:
- mit dauernder Unterstützung des Lehrers arbeiten
- sich kurze Zeit alleine mit dem Angebot beschäftigen
- eigenen Regalteil finden
- unter 2 Materialien eins herausgreifen
- Ziele und Material können nur individuell gefunden werden
- darauf achten:
- Schüler nimmt an allen Phasen der Freiarbeit teil (mit mehr
oder weniger großer Lehrerunterstützung)
- Materialien finden, die zumindest kurze Zeit eine selbständige
Beschäftigung ermöglichen
- dass Mitschüler erfassen, was Schüler genau übt
- dass der Schüler wie alle anderen Freiarbeitsmappe besitzt
- Lehrer demonstriert Mitschülern Partnerarbeit mit dem Schüler
- Einbindung ist ohne Doppelbesetzung kaum möglich
5.10 Organisationsformen
- Freiarbeit scheint da am besten zu funktionieren, wo ein ausgewogenes
Verhältnis zu anderen Unterrichtselementen besteht
- dort, wo Freiarbeit in scharfem Kontrast zu überwiegend traditionellem
Unterricht steht, können die Möglichkeiten freier Arbeit häufig
nicht oder nur von wenigen Schülern genutzt werden
6. Freiarbeit im persönlichen Erfahrungs-
und Handlungsfeld
6.1 Freiarbeit im Religionsunterricht
- Religionsunterricht hat gute Gründe, die Möglichkeiten selbstbestimmten
Lernens und Arbeitens zu nutzen:
- Freiarbeit nimmt ernst und stärkt die Autonomie des Individuums,
wie es dem Menschenbild der Bibel entspricht
- befähigt dazu, religiöse Zeichen zu entziffern
- trägt dazu bei, das eigene Denken zu entwickeln und Bedeutungen
bilden zu können für existentielle Grundfragen menschlichen
Lebens
- trägt dazu bei, grundlegende Aussagen eines christlichen Glaubensverständnisses
begreifen und verstehen zu können
- bietet Schlüssel zur Welt und zur Welt des Glaubens
- Material:
- Eigen- und Selbstkontrolle spielen nur geringe Rolle
- Freiarbeits-Lernformen:
- Lernkartei anlegen/ nutzen
- Sinne
- Gestalten
- Schreiben
- Bilder
- Malen
- Symbole
- Freiarbeit sollte ...
- für den christlichen Glauben grundlegende exemplarische Inhalte
und/ oder Glaubenserfahrungen ansprechen
- die Welt des Lebens und die Welt des Glaubens aufschließen
helfen
- Freiarbeit kann und soll andere Lernwege nicht ersetzen, sondern ergänzen
- Gefahr, dass emotionale und soziale Dimension verkümmert
- Möglichkeiten:
- Freiarbeit zum Abschluss einer Reihe
- Freiarbeit zum Einstieg in Unterrichtsreihe
- Übernahme von Religionsunterrichtsmaterialien in die Freiarbeit
- mögliche Schwierigkeiten
- Fachunterricht erlaubt keinen zeitlichen Spielraum
- Schüler kommen aus mehreren Klassen und haben unterschiedliche
Vorerfahrungen mit Freiarbeit
- Zielsetzungen
- Vermittlung von Fakten (Sachwissen) keine emotional besetzten Thematiken!!!
(Erlebnisse/ Emotionen)
6.2 Freiarbeit mit Wochenplan
- Schüler erhalten oder erarbeiten zu Beginn der Woche einen Wochenplan
7. Chancen und Risiken der Freiarbeit
7.1 Probleme und mögliche Lösungen
Schwierigkeiten in der selbständigen Auswahl des Materials
- Auswahl zunächst auf 2-3 Materialien beschränken
Störaktionen
- Ausdruck einer Über- oder Unterforderung, passendes Material schaffen
Entscheidung treffen
- Dieses ist nicht nur eine Frage der kognitiven Möglichkeiten.
Viele Menschen mit geistiger Behinderung erhalten nur wenig Raum für selbständiges
Handeln. Daher können sie teilweise nur schlecht mit Freiraum umgehen
und halten sich statt dessen lieber an Vorgaben, die Sicherheit geben.
- Entscheidungsfähigkeit als Teil der persönlichkeits- und Denkerziehung
im Schulalltag immer berücksichtigen
- offene Situationen, in denen Entscheidungen getroffen werden können/
müssen bewusst machen
- zu Beginn der Freiarbeit begrenztes Angebot (z.B. nur 2 Materialien)
- Entscheidungsakt für Schüler deutlich sichtbar und somit nachvollziehbar
machen
Ausdauer in der Arbeit mit dem Material
- Schwierigkeiten, bei der gefällten Entscheidung zu bleiben und
sich über längeren Zeitraum mit einem Arbeitsmittel zu beschäftigen
- es fehlt häufig an Ausdauer und Konzentration oder auch an der
richtigen Arbeitsfreude und Arbeitshaltung
- deutlich machen, dass es nicht darauf ankommt, möglichst schnell
möglichst viele Arbeitsmittel zu behandeln
- die meisten Schüler beschäftigen sich einer inneren Motivation
folgend solange mit einer Aufgabe, bis sie damit fertig sind
- Hilfe und Unterstützung in Form fester Strukturen, z.B. durch den
Einsatz einer Uhr
- Zeitzwang gibt die Möglichkeit, Erfahrung zu machen, wir befriedigend
es ist, sich intensiv mit einer Sache zu beschäftigen und somit die
eigene Motivation zu fördern
- Aufgabenstellung muss immer deutlich ein
- Probleme können im Wochenabschluss noch mal deutlich gemacht werden:
es kommt nicht darauf an, möglichst schnell und viel zu arbeiten, sondern
intensiv
Kooperation – Absprachen treffen
- Streit um Material
- nach gründlicher Einführung Material deutlich reduzieren
- Einigung über Rangfolge nach Rotationsprinzip
sich aus der Arbeit herausziehen
- träumen, anstatt zu arbeiten
- es ist legitim, dass ein Kind eine Pause macht
- gemeinsame Pause reißt andere Kinder aus der Konzentration
- individuelle Lösung setzt hohes Maß an Selbständigkeit
und Arbeitsdisziplin gekoppelt mit gutem Zeitgefühl voraus
- Vereinbarung treffen: in Doppelstunde darf jedes Kind 10 Minuten Pause
machen – Sanduhr
Selbsteinschätzung
- entweder zu schwieriges Material oder zu leichtes
- Material in verschiedene Schwierigkeitsbereiche aufteilen
- Schüler wissen, aus welchem Schwierigkeitsbereich sie ihre Aufgaben
auswählen sollen, finden sich müheloser zurecht und sind auch
zu motivieren nach gegebener Zeit nächst höhere Stufe zu probieren
- (Tier-) Symbolik für verschieden Stufen nur solange als Hilfsmittel,
bis Schüler ein Gefühl für ihre Fähigkeiten entwickelt
haben und in der Lage sind, sich zunehmend selbst einzuschätzen
Starke Ablenkung
- ruhige Ecke suchen, ggf. zusätzliche Sichtblenden organisieren
Eltern sind kritisch
- an Elternabend den veränderten Klassenraum erleben und Material
kennen lernen
- Fotos, die Schüler beim konzentrierten Arbeiten zeigen oder Videodokumentation
Selbständiger Umgang mit dem Material
- Gestaltung des Materials: Aufgabenstellung genau auf Leistungsfähigkeit
der Schüler abgestimmt, Selbstkontrolle eindeutig, verständlich,
leicht anzuwenden
- neue Lernschritte erst im Unterricht erarbeiten und dann erst in der
Freiarbeit üben und festigen
- Schüler immer wieder dazu anhalten, erst alles selber zu versuchen
Versagensängste
- einige Schüler sind von sich aus nicht bereit, etwas neues auszuprobieren
- Altvertrautes und Bewährtes gibt ein Gefühl von Sicherheit
- zusätzlich zur gründlichen Einführung der Materialien
sollte mit betroffenen Schülern solange einzeln geübt werden,
bis sie sich sicher fühlen und genügend Selbstvertrauen entwickelt
haben, um selber weiterarbeiten zu können
- pragmatische Lösung: bestimmtes Material, das immer genutzt wird,
wird aus dem Programm genommen
in die Arbeit anderer eingreifen
- alle Schüler sollten erst einmal ernsthaft versuchen, alleine mit
einer Aufgabe fertig zu werden
- wichtiger sozialer Aspekt, dass die Schüler lernen, sich ach unaufgefordert
einander zu helfen
- Beobachtung durch den Lehrer
Mogeln
- die meisten Schüler kommen nicht auf die Idee, zu mogeln
- immer wieder klar machen, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen und
es nicht darauf ankommt, sofort alles zu können und besonders gut zu
sein
- keine Bewertung durch die Lehrperson
- verdeutlichen, dass es darum geht, dass ihnen Arbeit Spaß macht
und sie sich freuen, wenn sie aus eigener Kraft etwas geschafft haben
- Zugang zu Selbstkontrolle erschweren
7.2 Chancen und Risiken für Schüler der Schule
für Geistigbehinderte
- selbstbestimmte Arbeitsweisen, soziale Arbeitsformen, der Umgang mit
Selbstkontrollen, die Beachtung gemeinsam aufgestellter regeln u.a. sind
Aspekte, die langsam aufgebaut und erlernt werden müssen
- Gefahren wie leichte Ablenkbarkeit, Überforderung, selbst Entscheidungen
zu treffen und der Unselbständigkeit vieler Schüler kann mit einer
allmählichen Gewöhnung an das Unterrichtskonzept begegnet werden
7.3 Pro und Contra
7.3.1 Pro
- Schüler lernen, eigene Entscheidungen zu treffen, aktiver und selbständiger
zu werden und sich selbst zu verwirklichen
- durch freie Aufgabenwahl und Bestimmung des eigenen Lerntempos wird
erhöhte Individualisierung und innere Differenzierung möglich
- erhöhte Eigenbeschäftigung lässt dem Lehrer Raum, sich
um schwächere Schüler/ -innen. zu kümmern
- erhöhte Aufmerksamkeit und Motivation durch eigene Aufgabenwahl
- vermehrte Möglichkeiten der Entdeckung von eigenen Lösungsmöglichkeiten
- Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung
- Schüler lernen, zu planen und organisieren
- Lehrer ist während des Unterrichts frei für
- intensive Beobachtung
- Arbeit mit einem Schüler
- Eigenbedarf (Ruhe genießen)
- Entdeckung neuer pädagogischer und methodischer Fähigkeiten
kreative Arbeit an neuen Lernmitteln
- konstruktive Zusammenarbeit im Team
- wirkt Burnout-Effekt entgegen
- Freiarbeit ist Antwort auf grundlegende Lehrsituation, die durch heterogene
Klassen mit Schülern unterschiedlichsten Förderbedarfs und eine
strukturelle personelle Unterbesetzung gekennzeichnet ist
- Lehr-Lern-Prozesse sind nur dann erfolgreich, wenn der Schüler
aktiv, interessiert und aufmerksam ist
- Freiarbeit fördert Selbststeuerung (gibt Verantwortung an den lernenden
zurück)
- günstige Rahmenbedingungen für Individualisierung und Differenzierung
- mehr Zeit zur Schülerbeobachtung
- Freiarbeit bedeutet hohe Individualisierung im emotionalen und große
Differenzierung im kognitiven Bereich
- Freiarbeit ermöglicht Differenzierung und Individualisierung hinsichtlich
Interessen, Lerntempo, Lerntyp und Leistungsfähigkeit
7.3.2 Contra
- Notwendige Voraussetzungen, Arbeitstechniken, Lernstrategien sowie Kontroll-
und Korrekturmöglichkeiten fehlen häufig
- schwerer behinderte Schüler ohne sichtliche Entscheidungs- und
Verständigungskompetenzen sind nicht oder nur eingeschränkt zu
beteiligen
- Entwicklungspsychologisch begründeter (vom Leichten zum Schweren)
Ablauf von Aufgabenstellungen und Handlungsschritten ist nicht oder nur
erschwert möglich
- Freiwilligkeit der Aufgabenwahl verleitet zur Vermeidung unangenehmer
und schwieriger, aber wichtiger Aufgabenstellungen
- musische Elemente lassen sich nur schwer in Freiarbeit einbeziehen
- durch individuelles Lernen findet soziales Lernen in Gruppen kaum oder
nicht mehr statt
- vermehrte Unruhe durch
unterschiedliche Aktivitäten kann stören
- erhöhter Vorbereitungs- und Zeitaufwand bei der Erstellung der
Materialien und Aufgabenstellungen
- Einbezug der schwerstbehinderten Schüler ist kaum möglich
7.3.3 Schlussfolgerungen
- mit nur einem Konzept/ nur einer Methode können nicht alle Kinder
erfolgreich unterrichtet werden
- angemessene Balance zwischen Steuerung und Offenheit ist nötig
8. Literatur
zum Literaturverzeichnis